Denkmalschutz und Exotenhaus

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<ebi> Der Zoologische Stadtgarten Karlsruhe – im folgenden kurz “Zoo” oder “Stadtgarten” genannt – steht als Park-Gesamtanlage unter Denkmalschutz. Daher muss das gesamte Zookonzept Rücksicht auf den historisch belegten Verlauf der Wege nehmen. Oder dass die Rosenbögen (genauer die “Rosenrechtecke”, die für rankende Pflanzen wegen der rechten Winkel schlecht geeignet sind) im Rosengarten nicht ersetzt werden dürfen. Da kann man sich manchmal schon fragen, “haben die noch alle …” – aber so sind nun mal die Gesetze. Tatsächlich hat der Stadtgarten aus der Zeit der 60er-Bundesgartenschau ja etwas. Das will man erhalten. Denkmalschutz hat etwas von Bewahren für spätere Generationen und wurde noch nie von der Kassenlage abhängig gemacht. Sonst gäbe es auch kein Karlsruher Schloss und und und mehr . Die CDU Karlsruhe allerdings will jetzt neue (nicht denkmalgeschützte) Wege gehen. “Fallbeispiel Tullabad” – ein ganz lokaler und gar nicht exotischer Abriss.

Das Tullabad direkt neben dem Zoo stammt aus den 50er Jahren. Baudenkmal obere (harte) Stufe. Darf der Eigentümer, hier die Stadt, nicht abreißen. Aus gutem Grund: Wenig Architektur aus der Zeit ist so überzeugend (und funktional) gemacht und steht noch. Steht noch, obwohl die Stadt kaum Geld in den Unterhalt gesteckt hat; eine Bauunterhaltspolitik des 20. Jahrhunderts, hoffentlich in Verwaltung und Gemeinderat erkannt als falsch, weil auf lange Sicht teurer. Das seit über zwei Jahren stillgelegte Tullabad soll laut dem vor Jahren mit Stimmen der CDU/SPD/FDP/KAL verabschiedeten Zookonzept zukünftig Exotenhaus+Zooschule+Zoogastronomie beherbergen. Und selbst die Grünen, die einem Zoo und daher dem “Zookonzept” aus Gründen des Tierschutzes kritisch gegenüberstehen, stehen laut eigener Aussage hinter diesem Baustein “Umbau Tullabad zum Exotenhaus”. Ergo hat der Gemeinderat in voller Breite dieses Projekt im April 2009 in den Haushalt gestellt. Rund 18 Millionen Euro, das meiste davon Nachholen des unterlassenen Bauunterhalts. Alla hopp, bauet endlich los, könnte man meinen.

Falsch gemeint. Eine Nachfrage der Grünen im Frühjahr 2010 – etwas spät, finde ich -, warum denn so viel Geld und ob nicht bauabschnittsweise und damit die städtische Kasse schonender verwirklichbar, führte statt zu einer Beauftragung der Detailplanung zum Show-down: “Abreißen und Exotenhaus neu bauen” fordert plötzlich die CDU. Und schreibt auch gleich an den Regierungspräsidenten, er möge doch bitte wegen der städtischen Finanzen den Denkmalschutz einfach mal so aussetzen, aushebeln, missachten. Ja wo kommen wir denn da hin: Gesetzestreue je nach Kassenlage? Was sollen denn da Städte sagen, denen es im Gegensatz zu KA nicht nur “nicht so gut wie bisher”, sondern “richtig schlecht” geht? Beispiel Pforzheim, Städte in NRW, der gesamte Osten der Republik – mangels Geld dürfen alle abreißen statt erhalten? Die (natürlich denkmalgeschützte) Schwebebahn in Wuppertal kostet auch mehr Geld als ein Busnetz – weg damit?

Karlsruher Erinnerung: Aus der Bürgerschaft gab es fast nur Zustimmung zum “Exotenhaus”, im Gegensatz zu anderen Bauprojekten der Stadt. Weder Erhalt des denkmalgeschützten Tullabadgebäudes noch Exotenhaus standen in der Kritik. Auch das Leitprojekt im Masterplan ), den Zoo/Stadtgarten als Projekt zum 300. Stadtgeburtstag umzubauen, wurde mehrheitlich begrüßt, siehe Leserbriefe und sonstige öffentliche Reaktionen. 2015 sollte alles fertig sein (auch Raubtier- und Elefantenhaus etc.). Das ist ohnehin nicht mehr zu schaffen. Aber OK: Angesichts der vielen anderen und wichtigen Projekte – Beispiel Schulsanierungen und Kita-Neubau – darf die Zooumgestaltung meines Erachtens länger dauern.

Aber der zentrale Baustein “Exotenhaus+Zooschule+Zoogastronomie” eben nicht! Denn damit wird der Zoo auch bei schlechtem Wetter attraktiv. Damit wird Zoopädagogik endlich richtig möglich. Damit wird das von vielen bemängelte Essens- und Getränkeangebot im Zoo endlich auf eine neue und einnahmensichernde Grundlage gestellt, zum Beispiel durch Kindergeburtstagsfeiern im Zoo. Eine Vorlage der Verwaltung stellt zudem klar: In Bauabschnitten zu bauen macht alles teurer, das Tullabadgebäude bleibt länger ungenutzt und jahrelange Baustellen sind kein schönes Bild für Besucher. Das CDU-Modell “Abriss und Neubau”: erstens rechtlich unhaltbar, zweitens für gleiche Fläche und gleiches Angebot nicht günstiger.

Es liegt jetzt an den Grünen. Wenn sie das Tullabad als Bauwerk erhalten und die Umnutzung haben wollen, dann JA zum im Haushalt bereits eingeplanten Projekt “Exoten+Schule+Gastro” und schleunigst Vergabe der Detailplanung. Sonst kann 2011 keine Handwerkerkolonne im Tullabad zur Sache kommen. Und bitte kein Kleinsparen: Nichtfunktionierende und im Betrieb dann teure Karlsruher Modelle nach dem Motto “Kleiner geht immer” hat die Stadt schon genug.

Eines noch zum Nachtisch: Wir von der KAL wollten das Tullabad ja nicht stilllegen, sondern – statt das Finanzloch Europabad zu bauen – sanieren und im Verbund mit der schon lange nicht mehr gebrauchten Gartenhalle zu einem innenstadtnahen Freizeitbad machen (unser Antrag von 1999). Die Mehrheit wollte etwas anderes, akzeptiert. Aber alle wussten spätestens seit damals: Das Tullabad muss als Gebäude erhalten werden. Mit oder ohne Badegäste.

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