Anregungen der KAL-Fraktion zur Bewerbungsschrift „Kulturhauptstadt 2010“

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Anregungen der KAL-Fraktion zur Bewerbungsschrift „Kulturhauptstadt 2010“

< Technischer Hinweis: In Unkenntnis des vollständigen Textes der Bewerbung und angesichts von weiteren Änderungen sieht die KAL davon ab, genaue Angaben für die Eingliederung der Änderungswünsche und Vorschläge zu machen. Dies muss die Projektgruppe leisten >

Bemerkungen vorab:
Was der KAL am wichtigsten erscheint: Vor Endfassung der Bewerbungsschrift muss eine vorurteilsfreie Bewertung aller Vorschläge und der Karlsruher „Pfunde“ durch einen erfahrenen externen Kulturmanager erfolgen!
Weiter gilt es eine echte Vision mit Blick auf 2010 und darüber hinaus (Gedanke der Nachhaltigkeit!) zu entwickeln. Überlegenswert: Aus dem „Europäischen Stadtbrief 2010“ einen solchen mit Datum 2015 (300 Jahre Karlsruhe) machen. Dieser Brief wird im KHS-Jahr zur Diskussion gestellt und danach weiterentwickelt. In diesem Privilegienbrief 2015 sollten sich die Ansätze einer Lösung der europäischen Fragen von heute finden, unter besonderer Berücksichtigung der Herausforderungen durch die EU-Erweiterung. Als zentrales Land der EU heute und noch mehr in Zukunft trägt die Bundesrepublik eine besondere Verantwortung. Als Stadt im Westen Deutschlands kann gerade Karlsruhe im Herzen der PAMINA-Region die Verknüpfung der ehemaligen EWG (Benelux-Staaten, Frankreich, Italien, Deutschland) mit Ostmitteleuropa thematisieren: „Europa – ein ewiger Traum oder ein Abenteuer“?
Die „Europäischen Kulturtage“ als Vorläufermodell einer KHS (vgl. Graz als ehemaliger Ausrichter des „Europäischen Kulturmonats“) sollten weit stärker herausgestellt werden:
Karlsruhe hat jahrelange Erfahrung mit europäischen Kulturthemen.
Das Thema Sport sollte mit Inhalten in die Bewerbungsschrift aufgenommen werden. Denn auch Sport gehört zur Kultur. Und in Karlsruhe findet der Sport in der Europahalle statt.
Und schließlich: Aus der vorliegenden Gliederung erschließt sich der Bezug zwischen Abschnitten der Bewerbung und den definierten Kriterien der EU zur Bewerbung nicht. Dieser Bezug muss bis zur Endfassung sichergestellt sein.

Anregungen im einzelnen:
a) Knappe und geschärfte Zusammenfassung als der schnelle und emotional packende Überblick für den eiligen Leser; Inhalte:
• die besondere Vision und die Leitlinien der Karlsruher Bewerbung auf den Punkt gebracht
• die wichtigsten Pfunde, die Karlsruhe als Standortvorteil in die Waagschale werfen kann (nicht nur im Hauptteil der Bewerbung aufführen!)
• die zentralen Vorhaben im Rahmen des Kulturhauptstadt-Jahres
• zentrale Informationen für (europäische) Entscheider zu Karlsruhe, die der Stadt ein Alleinstellungsmerkmal in Deutschland/in der EU verleihen (Karlsruhe ist nach allen Umfragen eine ziemliche terra incognita).

b) Einarbeiten der wichtigsten existierenden Einrichtungen, Veranstaltungen und Projekte (unsere „Pfunde“) mit Blick auf fremde Entscheider in die einzelnen Kapitel.
Wichtigste Pfunde aus Sicht der KAL:
• die Kultureinrichtungen, die die Spitze der einzelnen Kunstgattungen repräsentieren (ZKM/MNK/Städtische Galerie, Kunsthalle, Badisches Landesmuseum; Staatstheater; Tollhaus; in der Region das Festspielhaus)
• die entscheidenden Wissenschafts- und Bildungseinrichtungen (Universität, Forschungszentrum, FH; ZKM/HfG, Musikhochschule, Kunstakademie)
• die höchsten Gerichte als Träger der „Residenz des Rechts“ (stärkerer Begriff als „Stadt des Rechts“)
• Feste, Festivals und Veranstaltungen, die die Kriterien der Kulturhauptstadt Europas und die besonders genannten Zielgruppen am besten treffen (Europäische Kulturtage, Das Fest, Zeltival)
c) Der Bezug zwischen der Leitlinie der Bewerbung (roter Faden), den Großthemen „Residenz des Rechts“, „soziale Stadt“ etc. und der kulturellen Realität in Karlsruhe muss deutlich werden. Notwendig: eine überzeugende Verknüpfung von bestehenden Kultureinrichtungen, die den klassischen Kulturbegriff (bildende Kunst, Musik, Theater …) repräsentieren, mit den Leitlinien, Visionen und Themen der Bewerbung: Denn Recht und Wissenschaft werden von vielen Menschen (auch Entscheidern) nicht sofort als „Kultur“ betrachtet – Aufgabe: Übersetzungshilfe liefern.
d) Ideen und Vorschläge aus der Bewerbungsschrift kritisch auf ihre Bedeutung für die Auswahlkriterien der EU überprüfen, Lücken durch weitere Ideen füllen.
Hierzu hat die KAL folgende Vorschläge:
• Zur Erfüllung des EU-Kriteriums „Förderung der Zugänglichkeit des Kulturguts“:
Die Stadt Karlsruhe entwickelt in Kooperation mit den Kultureinrichtungen einen „Karlsruher Kulturpass“, der auch sozial schlechter gestellten Menschen den Besuch von Kultureinrichtungen und -veranstaltungen ermöglicht.
• Zur Erfüllung des EU-Kriteriums „Jugendlichen die Kunst näher zu bringen“ (und anderen Kriterien):
Karlsruher Theatermacher entwickeln ein Konzept für ein neues Kinder- und Jugendtheater. Die Erfahrungen des Bluemix und von Laientheatergruppen werden dabei besonders aufgenommen.
• Zur Erfüllung des EU-Kriteriums „Stärkung des sozialen Zusammenhalts“:
Die Stadt gibt dem Ziel einer Kommune, in der niemand ohne Wohnung leben muss, höchste Priorität. Das Sozialdezernat und die freien Träger von Projekten für Wohnungslose entwickeln ein Stufenprogramm, um dieses Ziel bis 2010 erreichen zu können.
• Zur Erfüllung des EU-Kriteriums „Entwicklung eines hochwertigen Kulturtourismus“:
KMK und die Kultureinrichtungen der Region entwickeln geeignete Lösungen, die in der Außendarstellung und der organisatorisch-technischen Ausführung die Kompetenz und den Anspruch der Technologieregion belegen und verdeutlichen.
• Zur Erfüllung des EU-Kriteriums „Einbeziehung des architektonisches Erbes in neue Strategien der Stadtentwicklung“ werden neben der Kulturinsel Ostaue folgende Vorhaben umgesetzt bzw. fortgeführt:
– Entwicklung konkreter Vorhaben aus dem Plätzekonzept bis 2010 unter besonderer Berücksichtigung des klassizistischen Erbe Weinbrenners
– City 2015: Entwicklung geeigneter künstlerischer Ideen im Zusammenhang mit den Baumaßnahmen; besondere Berücksichtigung der stadtgestalterischen Vorschläge aus der Bürgerbeteiligung im Zusammenhang mit City 2015 (Beispiel: Stärkung des Fächergrundrisses); Weiterführen der Bürgerinformation
– Übernehmen geeigneter Teile aus der Planung zur Bundesgartenschau in die Planung der KHS 2010.
• Zur Erfüllung des EU-Kriteriums „Förderung des Dialogs zwischen den europäischen Kulturen und denen in anderen Teilen der Welt“:
– Mit den Partnerstädten Temeswar und Krasnodar werden geeignete nachhaltige Projekte der kulturellen Zusammenarbeit entwickelt, die nicht nur im Jahr 2010 wirken.
– Vor dem Hintergrund der Vision und der Leitlinien der Karlsruher Bewerbung werden die kulturell Tätigen in Karlsruhe aufgefordert, Ideen für ein nachhaltiges Projekt mit Kulturen aus der Dritten Welt einzureichen (existierendes Beispiel: Mosvold-Projekt des Kulturvereins Tollhaus).
– Entwicklung eines Europäischen Trachtenfests 2010 auf Basis des bestehenden Trachtenfests (der Begriff „Tracht“ steht dabei nicht im Mittelpunkt).
d) Weitere Vorschläge der KAL im Rahmen der EKH 2010:
• Das Verhältnis von Wissenschaft und Recht an einem Beispiel verdeutlichen in Form einer Auftragsarbeit an einen renommierten Dramatiker: „Wissenschaft(ler) in Verantwortung“ – Theaterstück über Fritz Haber und seine Frau Clara Immerwahr-Haber. Von der Ammoniaksynthese als Grundlage des Kunstdüngers über den Nobelpreis bis zur Mitarbeit am Gaskrieg in den Schützengräben des 1. Weltkriegs – Fritz Haber beteiligt sich patriotisch-national, seine Frau verzweifelt.
• Die Entwicklung von Normen (Gesetze, Richtlinien etc.) und deren Erstellung soll am Beispiel des Privilegienbriefs 1715 und des Stadtbriefes 2010/2015 vergleichend aufgearbeitet werden. Ziel ist, die Beteiligung der Bürger am Normenentwicklungsprozess im historischen Vergleich aufzuzeigen, um eine erhöhte Akzeptanz der Normen zu erlangen sowie die Bedeutung von Normen in die breite Öffentlichkeit zu tragen.
• Rechtssystem des Islam im Vergleich zum Europäischen Rechtssystem: Am Standort des Bundesverfassungsgerichts diskutieren Rechtsgelehrte aus Europa, Asien und Afrika.
• Einbindung der geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Karlsruhe in die Bewerbung, insbesondere mit ihrem Institut für Geschichte und dessen Abteilungen „Neuere und neueste Geschichte“ und „Technikgeschichte“. Wegweiser ist der Vortrag des dortigen Prof. Dr. Peter Steinbach bei der Jahresfeier der Universität am 6.12.2003:
Europa – ein ewiger Traum oder ein Abenteuer?
• Kultur – Natur (das begriffliche Gegensatzpaar): In der Bewerbung sollte in einem Satz ein Verweis auf den hohen Anteil an (europäischen!) Natura 2000-Gebieten in Karlsruhe aufgenommen werden nach dem Motto: „Wir machen nicht nur etwas für die Europäische Kultur, sondern wir leisten als Verdichtungsraum mit zehn Natura 2000-Gebieten auch unseren Beitrag für das Europäische Naturerbe“.
• Das Vorhaben Kulturinsel nicht nur unter Infrastruktur sehen, sondern auch konkret die festen Bausteine nennen: Neue Kinemathek, neue Spielstätte Jazzclub, Erweiterung Tollhaus.

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