Badisches Staatstheater – Sanierung und Erweiterung

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Rede von Michael Haug zu TOP 13 der Gemeinderatssitzung am 26.09.2017

Anrede

Vor wenigen Tagen ist Cassini verglüht. Die 1997 gestartete Raumsonde brachte uns unglaubliche Bilder vom Saturn und seinen Monden. Ihre Experimente und Aufzeichnungen erweiterten das Wissen der Menschheit, die ja schon immer nach den Sternen strebt, enorm.

Der Mission ging eine über zehnjährige Entwicklungszeit voraus. Denn so ein aufwändiges Projekt darf ja nicht an einer falschen Planung scheitern.

Zwei Finanziers trugen Cassini: NASA und ESA. Und die waren sich nicht immer einig.

Die Kosten stiegen während der Planungsphase an, auf insgesamt 3,3 Milliarden US-Dollar. Das war zum Teil unabwendbar wegen Verteuerungen und zusätzlichen technischen Details. Es gab aber auch die „Verteuerung auf dem Papier“. Wegen der leider üblichen Kostenrunter-Rederei in der frühen Phase, um das Projekt überhaupt auf die Startrampe zu bringen.

Natürlich gab es Vorschläge, abzuspecken: jenes Experiment oder dieses Spektrometer. Aber stellen Sie sich mal vor, man hätte auf die Foto-Kameras verzichtet. Natürlich lieferten die Spektrometer an Bord mehr wissenschaftliche Erkenntnis, die uns das Planetensystem besser verstehen lassen. Aber wollen wir das wirklich ohne ein fantastisches Bild für unsere Augen?

Und ebenso natürlich haben sich die Techniker geärgert: Als Cassini 2004 nach sieben Jahren Flug auf einem Saturnorbit einschwenkte, waren viele technische Details an Bord aus Erdsicht veraltet. Allein die Computerleistung hat in der Zeit riesige Sprünge gemacht.

Nachträgliches Update von Hardware – leider unmöglich.

Doch Cassini funktionierte über all die Jahre im All – dank verlässlicher Technik, präzise gefertigt. Das war keine Technik, die man 1997 im Elektronik-Shop für Heimbastler bekam.

Und nur wegen dieser hervorragenden Ausstattung konnten sich Menschen aus allen Bevölkerungsschichten, auf der ganzen Welt. an den gelieferten Daten berauschen.

Erlauben Sie mir wenige Fragen:

  • Müssen wir eigentlich wissen, woraus die Ringe des Saturn bestehen?
  • Müssen wir wissen, dass Leben auf dem Saturnmond Enceladus vorstellbar ist, in einem Ozean unter dem Eispanzer, rund 1,4 Milliarden Kilometer von der Sonne entfernt?
  • Müssen wir wissen, dass es flüssige Methan-Seen auf dem größten Mond Titan gibt?
  • Wäre das aufgewendete Geld für dieses Wissen nicht in sozialen Projekten oder in neuen Straßenbahnen besser angelegt?

Ich habe keine allgemeingültige Antwort auf diese Fragen. Für mich persönlich ist klar: Die Menschheit will das wissen. Wir streben schon seit es den Homo sapiens gibt, nach den Sternen. Ich will das wissen. Und natürlich hoffe ich, dass die Erde Nutzen aus dem Wissen über die anderen Planeten zieht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe Ihnen eben die Sanierung, den Um- und Neubau des Badischen Staatstheaters dargestellt.

Auch hier am Theater strebt man nach den Sternen und kann nach dem Bau nur bedingt nachsteuern. Alles was fest eingebaut ist, bleibt dort für die gesamte Zeit der Mission. Und diese Einsatzzeit ist noch größer als die von Cassini mit 20 Jahren. Beim Theater gehen wir von 25 bis 50 Jahren aus!

Deshalb bitte ich Sie: Lassen Sie die Sonde, das Gesellschafts-Raumschiff Staatstheater fliegen, mit der stabilsten Technik an Bord, die verfügbar ist. Verzichten Sie auf keines der geplanten Experimente. Die übrigens weniger Experiment als Besuchererwartung, gesetzliche Notwendigkeit und Update der Arbeitsbedingungen sind.

Nachfolgende Generationen werden uns die heutige Entscheidung pro Theater, pro bestens ausgestatteter Sonde danken, wenn sie die wunderbaren Bilder, vielleicht auch welche mit Saturn und Titan, auf den zukünftigen Bühnen sehen.

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