Offene Gesellschaft in Karlsruhe

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EUROPA – STÄDTEPARTNERSCHAFTEN – KOMMUNALE AUßENPOLITIK – GEFLÜCHTETE IN DER STADT

Die Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung legt Grundsätze fest, die die politische, verwaltungsmäßige und finanzielle Selbständigkeit der Kommunen sichern sollen. Das ist wichtig, weil hier die Menschen leben. Hier kann schnell und sachgerecht auf Probleme reagiert werden; hier kann man dem Ohnmachtsgefühl gegen „Die da oben“ mit konkretem Engagement vor Ort entgegenwirken. Um dies dauerhaft sicherzustellen müssen zwei wichtige Grundsätze Bestandteil einer zukunftsfähigen europäischen Verfassung sein:

  1. Kommunen haben Handlungsvorrang vor Land und Bund! Dabei sind sie von den übergeordneten Stellen, Land und Bund zu unterstützen (Subsidiaritätsprinzip).
  2. Wer bestellt, zahlt auch! Die Aufgaben- und Finanzverantwortung gehören zusammen. (Konnexitätsprinzip).

Diese Grundsätze sind zwar in der Europäischen Charta angelegt, aber noch nicht rechtlich verbindlich umgesetzt. Städte sind zudem die Zentren, die Europa zusammenhalten und in denen Europa gelebt wird. Ob und wie das Zusammenleben in unserem Gemeinwesen gelingt, das entscheidet sich in erster Linie in der gelebten Nachbarschaft. Menschen begegnen sich lokal, in ihrer Stadt. Völkerverständigung wächst zuerst zwischen Menschen – und nicht zwischen Staatsgebilden.

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Europa und KAL-Aktive

Die KAL steht klar zum Friedensprojekt Europa! Die Europäische Einigung ist der Weg, auf dem sich unsere Gemeinschaft von dem Leid und der Zerstörung loslösen kann, die der Nationalismus diesem Kontinent zugefügt hat. Die Auswirkungen der Kommunalpolitik und der EU sind für die Stadtgesellschaft am direktesten spürbar. Die KAL unterstützt aktiv und ist begeistert, dass Karlsruhe Teil der EU ist. Dies findet sich konkret in ihrem Engagement wieder. Das zeigte sich besonders bei der Organisation des European Balcony-Projects, das wir nach Karlsruhe geholt haben. KAL-Aktive unterstützen:

  • Pulse of Europe
  • die Initiative „Seebrücke“ und das Vorhaben, Karlsruhe zu einem sicheren Hafen zu erklären
  • European Balcony-Project
  • Europe Direct
  • die Europa-Union
  • die Jungen Europäischen Föderalisten
  • DiEM25

Die KAL will Europa in allen Bereichen der Stadtgesellschaft verankern. Der internationale Gedanke soll jeden von Kindesbeinen an begleiten können. Die Karlsruher Liste setzt sich deshalb für bevorzugte Vergabe von Trägerschaften für mehrsprachige Kindergärten ein. Öffentliche Gebäude sollen häufiger mit der EU-Fahne beflaggt werden, z.B. an den Schulen zum Europatag.

Städtepartnerschaften

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Städtepartnerschaften sind ein Garant zur Sicherung des Friedens, mit denen nach Ansicht der Internationalen Bürgermeister Union von 1948 eine „feste Brücke von Land zu Land geschlagen werden sollte“. Sie bringen uns einem Europa der Bürgerinnen einen Schritt näher. Mit Beginn der ersten Kontakte zwischen Karlsruhe und Nancy im Jahre 1955 wurde auf Aussöhnung und Verständigung der ehemaligen Erbfeinde Deutschland und Frankreich gesetzt. Die Jugendbegegnungsstätte Baerenthal ist das Symbol für die Aussöhnung bei den Jugendlichen. Die gelebten Partnerschaften mit Nancy und Nottingham stehen für die Aussöhnung und für die heute selbstverständliche Überwindung von Grenzen in Europa.

Danach folgten die Partnerschaften über die nächste, unvorstellbare Grenze, den eisernen Vorhang. Die Partnerschaften mit Halle, Temeswar und Krasnodar. Vor diesem Hintergrund war es für die KAL klar, dass wir eine Hand in die islamische Welt reichen müssen. Frühzeitig beantragten wir deshalb eine Partnerschaft mit einer türkischen Stadt. Mit der Stadt Van gelang daraufhin eine Projektpartnerschaft. Zurzeit setzt sich die Karlsruher Liste dafür ein, die Partnerschaft neu zu beleben. Denn die demokratischen Akteure vor Ort werden momentan durch das Regime in Ankara verfolgt oder verhaftet.

Mit der trinationalen Städtepartnerschaft zwischen Krasnodar, Nancy und Karlsruhe verbinden wir die Hoffnung, dass sich die Beziehungen zu Russland ähnlich positiv wie die zu Frankreich entwickeln. Für den Zusammenhalt in Europa sind das Kennenlernen und der Austausch der europäischen Städte untereinander von großer Bedeutung.

Kommunale Außenpolitik

Die Europäische Rechtsetzung hat massive Auswirkungen auf die Städte und Gemeinden. Der Großteil der europäischen Regelungen haben direkten kommunalen Bezug. Für die Kommunen bedeutet das, dass sie immer mehr der europäischen Richtlinien und Verordnungen umsetzen müssen, ohne an deren Zustandekommen beteiligt zu sein. Den Städten muss also das Kunststück gelingen die Dienstleistungen an den europäischen Rechtsrahmen anzupassen und dabei die kommunalen Gestaltungsspielräume nicht zu verlieren. Denn darum geht es. Vor Ort, nahe bei den Menschen das Zusammenleben organisieren. Die Europäisierung und die Globalisierung fordern den Kommunen einiges ab: Sie haben dafür zu sorgen, dass sie ein weltoffener, vernetzter Lebensraum für verschiedenste Nationalitäten sind. Und sie müssen auch dafür sorgen, dass ihre Interessen und ihre Kompetenz in der internationalen Politik Gehör finden. Das ist besonders in der europäischen Rechtsetzung von zentraler Bedeutung. Die globalen Herausforderungen werden in den Städten und Gemeinden verstärkt wahrgenommen. Die Kommunen reagieren darauf mit einer zunehmenden internationalen Vernetzung und einer Neubestimmung der kommunalen Zusammenarbeit, zum Beispiel mit der Gründung des Weltverbandes „Vereinigte Städte und lokale Gebietskörperschaften“ (UCLG) in Paris im Mai 2004.

„Städte sind die Orte, an denen wir uns versammeln, wo Demokratie entsteht und wo wir gemeinsam gegen diejenigen, die uns die Freiheit nehmen wollen, demonstrieren.“

Benjamin Barber

LUST AUF STADT

Städte sind die ältesten und beständigsten Institutionen. Sie sind die Orte, an denen unsere Zivilisation und die Kultur geboren wurden. In den Städten konzentrieren sich nicht nur die zentralen Probleme der nationalen Gesellschaften, in ihnen findet sich auch das größte Potenzial zur Lösung der ökonomischen, ökologischen, kulturellen und sozialen Fragen.

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Das Atomium in Brüssel

Karlsruhe ist in über 45 europaweit ausgerichteten Netzwerken aktiv, beispielsweise im Städtenetzwerk EUROCITIES. Als Vertreterin der 130 größten Städte Europas gehört Eurocities zu den einflussreichsten Vertreterinnen kommunaler Interessen. Themenfelder sind Wirtschaft, Kultur, Umwelt, Wissensgesellschaft, Mobilität und Soziales. Ziel des Netzwerkes ist es, die Städte zu stärken und einen Einfluss auf die Politikgestaltung der EU zu gewinnen. Eurocities betreibt Lobbyarbeit in Brüssel, damit die Belange von Städten und Gemeinden ausreichend Gehör finden. Die Kommunen sind Staat und zugleich Zivilgesellschaft vor Ort. Sie sind die Keimzelle demokratischer Partizipation und nahe an der Lebenswelt der Bürgerinnen und Bürger. Von den globalen wie den lokalen Problemen betroffen zu sein, lässt sich vor Ort weniger leicht leugnen oder verdrängen. Die Handlungsmöglichkeiten sind hier natürlich begrenzt, und es wäre verfehlt, der kommunalen Politik die alleinige Verantwortung bei der Lösung globaler Probleme zuweisen zu wollen. Aber sie kann deutlich machen, dass Potenziale für politische Alternativen vorhanden sind und dass sie ausgeschöpft werden können. Und dass Probleme, die alle betreffen, erfolgreicher gelöst werden können, wenn sie auch gemeinsam angegangen werden. Es bedarf einer kommunalen Außenpolitik: Transnationale Zusammenarbeit ist hier eine zukunftsweisende Form: Sie nimmt die Globalisierung aller Lebensbereiche auf und ermöglicht, voneinander zu lernen und offen zu sein für neue Lösungen.

Geflüchtete in Karlsruhe

Die Karlsruher Liste erachtet eine offene Stadtgesellschaft als unverzichtbar. Darum arbeiten wir in Initiativen mit, die diese offene Gesellschaft schützen, leben und ausbauen. Wir unterstützen die ehrenamtlichen Helferinnen, die sich um Geflüchtete kümmern, sei es im Hinblick auf Bildung, in medizinischen Fragen und in der Beratung von Alltagsfragen. Um Deutschland verstehen und kennen zu lernen, ist Kultur und Bildung ein wichtiger Bereich. Das Lernfreundehaus, Kein Haus für Alle, COLA TAXI OKAY, InterKArt und die Lernbox der Flüchtlingshilfe Karlsruhe leisten seit Jahren in diesem Bereich ehrenamtliche Arbeit zusammen mit den Geflüchteten, die in der Region Karlsruhe leben.

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Lernen in der Kriegsstraße 200

Obwohl Karlsruhe Standort für die Landes-Erstaufnahme ist (LEA) und darum keine Geflüchteten auf Dauer in der Stadt unterbringen muss, gibt es doch eine Gruppe von Geflüchteten, die dauerhaft hier leben: Die Waisenkinder. Offiziell werden sie im Amtsdeutsch als UMF bezeichnet (Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge). Diese brauchen unsere besondere Aufmerksamkeit. Sie müssen möglichst rasch in den Alltag integriert werden. Hier leisten insbesondere die beruflichen Schulen mit Angeboten für Integration und berufliche Vorbereitung sowie mit passgenauen Bildungsangeboten und gezielter Sprachförderung sehr gute Arbeit. Aber auch viele Betriebe des Handwerks, der Industrie, im Dienstleistungsbereich sowie in den Bereichen Gesundheit und Pflege bieten Chancen der Integration für Geflüchtete. Hier ist es einerseits wichtig, die große Zahl der Akteure zu vernetzen und ihnen Beratungs- sowie Unterstützungsangebote für die individuellen Probleme anzubieten. Auf der anderen Seite muss das hohe Engagement der vielen Initiativen, Bildungseinrichtungen, Verbänden, Betrieben und Einzelpersonen Wertschätzung und Anerkennung finden.

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