Aktuelle Diskussion zu Nordtangente und zweite Rheinbrücke: Falsche Annahmen führen zu falschen Entscheidungen / Gutachten belegen: Nordtangente entlastet die Südtangente nicht / KAL: „IHK, RP Karlsruhe und CDU sind wirklichkeitsblind“ / Zweite Rheinbrücke würde Situation auf Südtangente sogar verschärfen
„Falsche Aussagen werden auch durch mehrfache Wiederholung nicht richtig!“ Lüppo Cramer, Fraktionsvorsitzender der Karlsruher Liste (KAL), stellt klar: „Seit die Verkehrsplaner von PTV vor zwei Jahren nachgewiesen haben, dass nach Bau einer Nordtangente samt zweiter Rheinbrücke fast genauso viele Fahrzeuge auf der Südtangente fahren wie zuvor, kann Entlastung kein Argument mehr sein.“ Dies habe wohl selbst OB Heinz Fenrich eingesehen, wie man Schreiben von ihm an die Bürgervereine entlang der Südtangente entnehmen könne. „Den Anwohnern der Südtangente helfen nur drei Maßnahmen: Lärmschutz, nächtliches Tempo 60 und eine Maut für Lkw.“
Auf Basis der falschen Annahmen würden trotzdem die zwei Präsidenten von IHK und Regierungspräsidium und die Karlsruher CDU weiterhin und gebetsmühlenartig zu falschen Entscheidungen raten. Wer sich nur einmal intensiv mit den vorliegenden Verkehrsgutachten beschäftige, der könne deren Ergebnisse sofort nachvollziehen. „Wollen sie nicht lesen
oder sind die Befürworter einer Nordtangente wirklichkeitsblind?“, sieht Lüppo Cramer nur zwei Möglichkeiten.
Unzweifelhaft sei ja wohl, dass zwei Querverbindungen in Karlsruhe zwischen den Autobahnen in der Pfalz und Baden-Württemberg mehr Fernverkehr als eine anziehen würden. „Wieviel mehr hängt davon ab, wie direkt der Weg durch Karlsruhe läuft.“ Hier zeige dann auch der jüngst vom Bund ins Spiel gebrachte Tunnel unter dem Hardtwald als Teil einer als Durchstich gebauten Nordtangente seine Nachteile: Denn außerhalb des Waldes, also da, wo die Menschen leben, liege die Straße offen. „Die Bürger von Neureut, Heide, Nordweststadt, Knielingen, die müssten den Lärm und Dreck des zusätzlichen Verkehrs dann aushalten!“, so Cramer. Abgesehen davon hält die KAL einen so langen Tunnel auch für unbezahlbar.
„Für eine Nordtangente sprechen also nur vage Vorteile für die Wirtschaft auf Kosten der Lebensqualität der Karlsruherinnen und Karlsruher“, macht KAL-Stadtrat Dr. Eberhard Fischer die Fronten klar. Die KAL macht es sich aber nicht so leicht, einfach Wirtschaft gegen Bürger auszuspielen. „Ob die Wirtschaft in Karlsruhe in Summe wirklich profitiert, müsste noch genauer untersucht werden.“ Fischer nennt zwei Argumente aus Wirtschaftssicht, die gegen die Nordtangente und die damit verbundene zweite Rheinbrücke sprechen. Erstens wollen die Planer eine zweite Rheinbrücke zuerst nur an die Südtangente anschließen; an dieser dauerhaft geplanten Verknüpfung werde dann der Verkehr nach Überzeugung der KAL regelmäßig zusammenbrechen. Der von IHK und CDU gewünschte Anschluss an die B 36 käme, wenn überhaupt, erst in einem zweiten Bauabschnitt.
Zweitens bindet dieses Projekt Finanzkraft bei Bund und Land: „Für die Sanierung und sinnvollerweise den Ersatz der alten Rheinbrücke in den nächsten 15 Jahren steht dann angesichts der absehbar leeren Kassen kein Geld mehr zur Verfügung“. Fischer erinnert daran, dass die heutige Rheinbrücke unersetzlich für eine funktionierende Verknüpfung der Räume westlich und östlich des Rheins sei. „Die vom RP geplante zweite Brücke bei der Raffinerie kann niemals die erste Rheinbrücke ersetzen: weder von der Kapazität noch von der Trassengunst her!“
Wer eine zweite Rheinquerung in der Technologieregion für notwendig halte, müsse den gesamten Raum in den Blick nehmen. Von daher hat die KAL kein Problem mit der Anregung des Regionalverbands vor ein paar Tagen, zwischen Iffezheim und Germersheim mögliche Korridore für eine leistungsfähige Ost-West-Verbindung untersuchen zu lassen. „Das kann dann auch ein Tunnel unter Rhein und geschützter Rheinaue statt einer Brücke sein – aber auf keinen Fall im dichtest besiedelten Teil der Region, sprich in Karlsruhe.“ Hier müsse sich die Politik auf die Sicherung der Qualität der vorhandenen Verbindung bei Maxau und auf den Erhalt der letzten Grünverbindung zum Rhein zwischen Stora Enso und Miro konzentrieren.