Also in Frankreich wird nicht gespart. Da gehen die Leute weiterhin gern gut und auch teurer als bei uns essen. Auch die Verwaltungen sparen nicht erkenntlich: Der Belag auf den Pyrenäenpässen wird alljährlich erneuert – wegen der Tour de France. Die dann über den jeweiligen Pass auch nur alle drei Jahre an einem Tag vorbeikommt. Dieses Jahr haben das Departement, die Region und die Zentralregierung den Col’ d’Aubisque asphaltiert (so was von glatt, Herr Kirsch, Chef vom Tiefbauamt, da würde Ihnen das Herz übergehen), letztes Jahr war’s wohl der Tourmalet (deshalb dieses Jahr dann dort die Tour), nächstes Jahr der Peyresourde, der Col d’Aspin oder oder oder. Also Sparen sieht anders aus.
So weit zu Frankreich und den Urlaubseindrücken. Kommen wir zu KA. Da reden viele von Sparen. Zu viele. Und können dabei nicht mal zwischen laufenden Ausgaben und Investitionen unterscheiden. Immer wenn ein Husten vom RP zu hören ist, fühlen sich Bürgermeisterinnen und ‚ahnungsarme’ politische Gruppierungen gemüßigt, unnötige und zum Teil falsche Kommentare zur Finanzlage und zur Finanzpolitik der Stadt abzugeben.
1. will das RP ja nur ein Haushaltskonsolidierungskonzept. Sollen sie haben.
2. lebt KA ein bisschen am Rande seiner Verhältnsse – beim täglichen Geldausgeben. Oberzentrum halt.
3. ist das alles nicht so schlimm. Wer seit Jahrzehnten Überschüsse erzielt (trotz macher Flops!) kann so schlecht nicht sein.
Den Punkt 1 will nicht nur das RP! Ich schon lange. Lohnt sich ja auch im Privathaushalt, mal zu schauen, wo man unnötig Geld ausgibt: Ist die oder jene Versicherung tatsächlich nötig oder gar zu teuer? Putzfrau für 15 Euro die Stunde – villeicht putzen wir ein paar der Zimmer nur alle zwei Wochen? Muss es immer Kaviar und Champagner sein – reicht nicht Schwartenmagen und Hoepfner Porter?
Zu Punkt 1 habe ich deshalb für die Karlsruher Liste schon vor Jahren (!) Vorschläge eingereicht. Hat aber das Bürgermeisteramt blockiert und jedes Konzept bzw. die Debatte zur Erstellung eines solchen verzögert: Nur dreimal in drei Jahren hat sich die Haushaltsstrukturkommission zusammengesetzt. Vergleiche zu anderen Städten, wie’s vielleicht in dem oder jenen Bereich billiger geht: Vor über einem Jahr nicht nur von der KAL-Fraktion gefordert – erst im Juni 2009 halbherzig von der Finanzdezernentin geliefert. Jetzt haben wir den regierungspräsidialen Salat.
Beim Punkt 2 kommt es auf die Sichtweise an. Und die ist bei jeder politischen Gruppierung und bei jedem Bürger anders. Die einen wollen nicht mehr für die Staatstheaterkarte zahlen, sprich hohe Zuschüsse für das Theater. Die anderen sagen, jedes Kind in der Kita soll noch ein paar Quadratmeter mehr zur Verfügung haben (das nennt man dann Karlsruher Standard). Die dritten (KAL! sic!) wollen den Karlsruher Pass mit Vergünstigungen für ärmere Mitbürger wieder haben. Und wieder andere wollen den Sportvereinen mehr Geld geben, weil die für die Gesellschaft wichtig sind. Wer hat da jetzt recht?
Das Endergebnis ist ein Haushalt, der in der Vergangenheit und auch 2009/2010 ganz gut die unterschiedlichen Interessen austariert hat. Sonst wäre ja auch Punkt 3 gar nicht so gekommen bzw. möglich gewesen. Dank florierender Wirtschaft sowie letztlich eben nicht goldenen, sondern nur Edelstahl-Wasserhähnen und Asphalt mit Granitpflaster am Rand statt Marmorplatten auf den Straßen steht KA gut da.
STEHT – nicht STAND. Denn auch die aktuellen weltweiten Wirtschaftsverwirrungen aufgrund zu großer Gier bei Bankern und Spekulanten und Hausbesitzern – auch die werden vorübergehen.
Warum dann also diese unnötig aufgeregte Debatte? Warum dann aus finanzpolitischer Sicht so unsinnige wie unmögliche Vorschläge machen wie
a) die U-Strab zu stoppen: Was will man denn da aktuell sparen? Die Kredite der bauenden Tochtergesellschaft Kasig schlagen ja erst in zehn Jahren so richtig zu Buche. Und die zig Millionen Zuschüsse (die Wirtschaft dankt schon heute!) fließen nur bei Bau – nicht bei Nichtbau. U-Strab, egal ob man beim Bürgerentscheid dafür oder dagegen gestimmt hat, ist ein absolutes Konjunkturprogramm; Wertschöpfung zu großen Teilen in der Region!
b) Stadionbau ausfallen lassen. Die Alternative heißt aufgrund Vertrag mit dem KSC: Wildpark mühsam für 20plus Millionen sanieren und danach immer noch eine halbmarode Kiste (Haupttribüne! Fanbereich! Verkehrsinfrastruktur!) zu haben. Das wäre eine typisch Karlsruher Lösung. Viel wird da beim Gegenrechnen von laufenden Ausgaben gegen höhere Pacht, Zins & Tilgung nicht gespart.
c) das Europabad zu … – ja was eigentlich? Zu schließen? Noch stärker zu bewerben? Abzureißen? Gegen Zahlung einer Mitgift einem Dritten zu schenken (Vorschlag der Jungunionisten zu Ende gedacht)? Also auch wenn die KAL gegen den Bau war und vor den Folgen gewarnt hat – der schöne Minusmacher ist halt mal da. Liebe Leser und -innen: Geht baden! (Geringere Preise sind übrigens gegen rote Zahlen kein Heilmittel.)
Lasst uns also ganz geduldig, aber zielstrebig unseren Job machen. Ein “Haushaltskonsolidierungskonzept” erstellen (sprich einen Kassensturz machen), dabei nicht schon vorher Denkverbote und Denkgebote aufstellen, wo man sparen darf und wo nicht, und das dann wie jeder g’scheite Privathaushalt durchziehen. Dann werden wir bald wieder zufrieden auf Haushaltsüberschüsse und eine im Vergleich zu anderen Städten recht ordentlich in Schuss gehaltene Infrastruktur schauen. Und Herr Kirsch: Den Karlsruher “Tourmalet” über den Col de Turmberg – den wollten sie doch ohnehin nicht alle drei Jahre asphaltieren? So was machen nur die Franzosen. Die leben halt gewohnheitsmäßig ein wenig über ihre Verhältnisse. Und das ist auch gut so.