<ebi> Heute findet der von der KAL beantragte, vom K’her Gemeinderat (GR) geforderte und von den beiden Landesregierungen von Ba-Wü und RLP organisierte Faktencheck zur “Leistungsfähigen Rheinquerung” – Tag 2 – statt. Mit mir sitzen kurz nach 9 Uhr über 100 Interessierte im Stefanssaal neben der katholischen Stadtkirche; davon sind rund die Hälfte echte “BürgerInnen”. Dazu kommen die einbestellten Planer aus dem Regierungspräsidium (RP) etc., die Interessenvertreter pro und kontra zweite Rheinbrücke (darunter auch das von der KAL unterstützte “Aktionsbündnis pro Ersatzbrücke Maxau” mit Matthias Fischer), Landespolitiker und Medienmenschen. Durch den Tag führen wird erneut Moderator Markus Brock. Das Programm findet sich im Internet.
Auch heute begrüßt Dr. Gisela Splett, GRÜNE-Staatssekretärin im Verkehrsministerium Ba-Wü, und zieht ein erstes Resumee des ersten Tages am vergangenen Freitag. Was ihr auffiel: Unstimmigkeiten bei den Zahlengrundlagen sind nicht ausgeräumt. Danach zieht auch der Vertreter von RLP, Lothar Kaufmann (Infrastrukturministerium RLP – ISM), ein erstes Fazit des ersten Tages; Tenor eher verteidigend, was bisher geplant war, aber wegen möglicher Sanierung der alten Brücke eventuell obsolet.
Jetzt spricht wie schon am ersten Tag Gert Klaiber vom Verkehrsministerium Ba-Wü (MVI). Er stellt die Gründe für die Planung der 2. Rheinbrücke (RB2) vor: Straßennetz rund um KA nicht leistungsfähig genug für mehr Verkehr, Bund will 2. Ost-West-Achse, Bestandsachse (RB1 und Südtangente) heute bereits überlastet in den Spitzenstunden. Er stellt die bisherigen Planungsschritte vor seit eienr Machbarkeitsstudie 1998/1999 bis zur Eröffnung des Planfeststellungsverfahrens (PlanfestV) im Jahr 2011.
Erneut Kaufmann stellt die Pfälzer Planung vor. Dabei habe man “Vorgaben des Bundes” berücksichtigen müssen. Er erwähnt den besonderen ökologischen Prüfungsbedarf der Anschluss-Straße auf Pfälzer Seite. Dann Kurt Ertel vom Landesbetrieb Mobilität, der sich schon am Freitag als nicht besonders dialogorientiert erwiesen hat <Typ: “Ich plane, bin Fachmann; Bürgermeinung nicht gefragt”; d.Verfasser>. Er stellt das Raumordnungsverfahren (ROV) in RLP vor.
Und nun Harald Protz vom RP KA: Warum hat Ba-Wü auf ein ROV verzichtet? 1. Weil ROV keine Vorbedingung für PlanfestV. 2. Im ROV werden nur raumordnerische Belange, keine Privatinteressen betrachtet.
3. In KA keine FFH-Gebiete betroffen.
4. Auf ROV verzichtbar nach Landesplanungsgesetz, wenn … – dies sei erfüllt.
Regionalvertreter Dr. Hager kritisiert als Interessenvertreter den Verzicht auf das ROV; auch Dr. Ringler von der Stadt zeigt sich mit der Planung unzufrieden.
Die Nachfragen von H. Weinrebe (BUND) und C. Weber (LNV) sind knallhart und bringen die Planer zuerst in Erklärungsnöte: Wie lässt sich die Planung nach dem zwar heute erst öffentlich, aber in den Behörden schon länger bekannt gewordenen Rückzug des Bundes aus der Nordtangente erklären? Antwort Protz: Der Bund hat den “Gesehen”-Vermerk erteilt, das reicht uns als Auftrag. Kaufmann: Auf einen Staatsvertrag zwischen den beiden Bundesländern wurde zwar verzichtet, sei aber möglich gewesen. Einige weitere Fragen werden einfach nicht konkret beantwortet.
Andere Antworten der Verkehrsplaner: – aktuelle Gesamtkosten von B9 bis Südtangente bei 107 Mio. Euro; trotzdem sei volkswirtschaftliche Rechnung aus Sicht Verkehrsplaner positiv (Nutzen größer als Kosten).
– Schon heute Probleme mit der Planung im Jahr 2025 am Ölkreuz erkennbar; trotzdem sei die Planung insgesamt gut (für RLP etc.).
– Modus Consult behauptet: Deren Verkehrszahlen für den Analyse-Nullfall 2009 mit 82.600 Fahrzeugen seien Werte für den DTV an Werktagen (täglicher Verkehr an Werktagen, gemittelt über das ganze Jahr).
– Die lange Dauer von Planungen (wegen Naturschutz etc.) sei dem europ. Recht geschuldet und koste viel Geld; zudem leben wir in einem Rechtsstaat, wo viele klageberechtigt sind.
Die Frage von Reiner Neises, wie eine Planung (RB2 angeschlossen an die Südtangente), die den Stau nur ein paar Meter weiter nach Osten verlagert, eine so positive volkswirtschaftliche Bewertung bekommen kann, beantwortet Protz so: Die Berechnung sei ein rein verwaltungsinterner Vorgang vor der Planfeststellung, deshalb für die Öff.keit unwichtig, auch im PlanfestV; außerdem sei die Planung sonst gut <siehe oben>.
Herr Bohlander von der BI Bienwald korrigiert Modus Consult beim Analyse-Nullfall um mehrere tausend Fahrzeuge. Ertel behauptet, Modus Consult habe aktuelle Zahlen aus 2011 genannt, nicht aus der Verkehrsprognose zum PlanfestV.
10 vor 12: ERSTE PAUSE MIT 1 STUNDE VERSPÄTUNG
Nächster Programmpunkt: Planungen in RLP (Trassenführung und Auswirkungen auf Verkehr); vorgestellt von Ertel / Planungen in Ba-Wü, vorgestellt von Protz. Zusammengefasst: fast nichts Neues außer dass der Bund nichts gegen einen Radweg auf der RB2 hat – wenn Stadt oder Landkreise ihn bezahlen. Neises fragt zu den Radwegeverbindungen.
M. Fischer und Neises fragen zur Dammlage der Auffahrtstrasse und deren Einbindung ins Landschaftsbild. Protz sagt: 15 Meter hoch am Widerlager; Ertel zeigt eine Visualisierung mit Aufständerung <dies ist nicht Bestandteil der Planung, dort geschlossener Damm vorgesehen; d. Verfasser>. Die Frage nach der Auswirkung des Straßendamms auf die Bewältigung eines 200jährigen Hochwassers wird nicht beantwortet.
Herr Schwarzmann (von PTV) stellt Ent- und Belastungen durch eine RB2 mit Anschluss an die B36 vor. Wichtigstes Ergebnis (aus dem Diagramm abzulesen): Die Südtangente wird nur unmerklich entlastet (rund 3.000 Fahrzeuge pro Tag). Ringler bestätigt dies etwas später, weist aber auf höhere Entlastungen der Sudetenstraße in Knielingen hin. Und selbst Protz sagt: Hörbare Entlastungen (2 dBA oder mehr) sind nicht erreichbar.
Protz auf Nachfrage: Ein PlanfestBeschluss hat zwar grundsätzlich enteignungsfähige Wirkung; aber der Bund verfolgt normalerweise eine Politik der gütlichen Eignung mit den kommunalen Grundstücksbesitzern. Der Daimler-Vertreter fragt nach der Bereitschaft der Stadt, die betroffenen Grundstücke zu verkaufen; sonst mache der ganze Faktencheck keinen Sinn. Dr. Ringler (als städt. Planungschef) antwortet nach Aufforderung durch den Moderator: Er könne bei 48 Stadträten nicht einschätzen, wie der Gemeinderat abstimmen werde.
Wieder Fragerunde dazu: Die Frage zur Ent- oder Belastung von Knielingen will Protz erst später beantworten. Ertel: Die hohen Verkehrsprognosen lösen keine aktiven Lärmschutzmaßnahmen auf der Bestandsachse aus, eher im Gegenteil. Schwarzmann sagt, dass auf der Südtangente nicht die Mehrbelastungen eingetreten sind, die 2000 ff. von RP/Modus Consult angenommen wurden (Frage von Carsten Weber zur Belastbarkeit der Gutachten); über die Gründe dafür will Schwarzmann nicht spekulieren. Aussage von Ertel: Die Fahrzeit für den etwas längeren Weg über die RB2 entspricht etwa der Zeit im stockenden Verkehr über die Bestandsbrücke Maxau.
Erneut wird nach der Auswirkung der entfallenen Hagenbachvariante, nach der Entwicklung der Arbeitsplätze in der Region als Quelle oder Senke von Verkehr gefragt. Ebenfalls die wiederholte Frage (weil noch nicht beantwortet): Welche Zahlen liegen dem Analyse-Nullfall zugrunde? Sind da nicht ausgewiesene Sicherheitszuschläge drin?
Antwort Schwarzmann: Im PTV-Gutachten zumindest sind keine Sicherheitszuschläge enthalten; Mischung von Zahlen aus verschiedenen Jahren ist methodisch unter bestimmten Bedingungen zulässig. Zur Hagenbachvariante kann er nix sagen. PTV erwartet im Bezugsfall 2025 85.000 Kfz auf der Brücke (statt 98.000 Kfz bei Modus Consult).
Tieferlegung der Trasse zur RB2 auf K’her Seite ist laut Herrn Speer wegen den Zwangspunkten (Brückenkopf und Ölkreuz) nicht möglich.
MITTAGSPAUSE UM 14.15 UHR
Danach geht es weiter mit den Naturschutzfragen rund um die Planung der RB2. Ich kann leider nicht mehr dabei sein und hier bloggen – denn ich muss, wie alle anderen morgens anwesenden Stadträte, zur Gemeinderatssitzung. Das MVI hat bei der Planung des Faktenchecks leider versäumt, den Termin mit der Stadt Karlsruhe abzustimmen.
<Mein Fazit: Die Planer drücken sich bei allen ihnen unliebsamen Fragen um eine Antwort.Grundsätzliche Fragen zur Sinnhaftigkeit ihrer Planung werden abgebügelt: “Das will der Bund nicht.” (Das Bundesverkehrsministerium hat übrigens die Teilnahme am Faktencheck abgelehnt.)
So wird aus einem Faktencheck ein nicht klärendes Anhörungsverfahren, wie man es aus Planfeststellungsverfahren nur zu gut kennt – die Bürger dürfen fragen, die “Obrigkeit” beliebt mal zu antworten, mal nicht. Nur wird das der “Obrigkeit” nichts nützen. Der Daimler-Mann unter den Interessenvertretern brachte es auf den Punkt: Wenn Karlsruhe die Grundstücke für Brücke und Zufahrt nicht hergibt, läuft gar nix mit der RB2. Das war die positivste Botschaft des Tages.>