Der Wahlkampf ist vorbei. Keine Feldpost mehr. Dafür von mir wieder eher nachdenkliche Worte unter “Stadträtins Gedanken”.
Da wäre erstens: “Lust auf Stadt” wird in Stuttgart stärkste Fraktion! Jawohl, richtig gelesen, die Stuttgarter Grünen haben das Motto der Karlsruher Liste seit 2004 (das ist nicht bloß so ein Wahlkampfslogan!) in 2009 “geklaut”. Und gewonnen.
OK, es sei Ihnen gegönnt, denn Stuttgart 21 ist ja keineswegs einfach nur gut. Für die Stadt Stuttgart vielleicht schon, denn die würden nach der Tieferlegung des Hbf super Gewerbe- und Wohnfläche mitten in ihrem Nesenbacher Kessel bekommen. Aber für alle anderen Steuerzahler ist Stuttgart 21 mit seinen enormen, vom Rechnungshof auf 5 Milliarden (= 5.000 Millionen) Euro geschätzten Kosten schon mehr als ein kurzes Nachdenken wert: Lohnt das für rund 20 Minuten Fahrzeitgewinn zwischen S und Ulm und gleichzeitigem Verlust an Bahnhofs- und Durchfahrtskapazität? Glück Auf daher für einen Bürgerentscheid, wenn der noch möglich ist.
Da wäre zweitens: “Lust auf Stadt” bekam in KA was aufs Auge.
Platz zwar behauptet – weiterhin drei Mandate – aber Haare rund ums Auge verloren. Genaue Ergebnisse hier. Wahrscheinlich auch wegen der U-Strab. Selbige wollen nämlich lautschreierisch weder die Freien Wähler noch die Karlsruher Grünen (wäre gespannt, ob die Stuttgarter Lust-Grünen auch keine Entlastung der Kaiserstraße von den Bahnen und keine Allee in der Kriegsstraße wollen würden, wenn sie in KA wollen dürften). Auch hier hat also ein Schienenprojekt zu Wählerwanderungen beigetragen.
Nur dass die Kombilösung (= U-Strab plus Kriegsstraßenallee untrennbar verbunden) bei einem BÜRGERENTSCHEID gewollt und von der KAL daher akzeptiert wurde, mittlerweile alle Genehmigungen hat und die Bauarbeiten bereits ausgeschrieben wurden. Wäre es daher falsch zu sagen, dass das gelbe Versprechen der FW/Büka auf ihren Plakaten “U-Strab stoppen” zum einen den Bürgerwillen karikiert und zum anderen nicht gehalten werden kann? So ne Gruppe würde ich ja nicht wählen: gegen Bürgerentscheid und verspricht zu viel!
Die Nicht-Lust-Grünen in KA sind aber auch nicht besser: Kleben ebenfalls auf gelbem Grund auf ihre Plakate “Schöner Ruß aus Karlsruhe – Kohlekraftwerk beschlossen von CDU, SPD, FDP und KAL”. Die falscheste Behauptung: “von KAL”. Denn wir haben ja 2:2 abgestimmt. Die Nicht-Lust-Grüne hätten also nur schreiben dürfen: “mit zwei Stimmen der KAL”.
Nicht viel besser: “Schöner Ruß aus Karlsruhe”. Denn hätte die Mehrheit im Gemeinderat (gegen die Grünen) nicht dafür gesorgt, dass die EnBW sich per Vertrag verpflichtet, eine supergute Rauchgasreinigung in ihr supereffizientes Kraftwerk zu installieren – dann wäre deutlich mehr Ruß auf Baden-Württemberg niedergegangen. Netto übrigens nicht mehr als bisher, weil sich ja EnBW zum Abschalten bzw. Seltener-Einschalten von alten Kraftwerken verpflichtet hat. Wäre es daher falsch zu sagen, dass die gelbe Ansage der K’her Nicht-Lust-Grünen auf ihren Plakaten erstens eine Unwahrheit und zweitens das Eingeständnis eigenen Versagens enthält? So ne Gruppe würde ich ja in KA nicht wählen.
In Tübingen dagegen schon: Der grüne OB Boris Palmer hat eindeutig klargemacht, dass (einige wenige und hocheffiziente) Ersatz-Kohlekraftwerke beim Umstieg in eine regenerative Zukunft hilfreich sind. Tübingen hat sich dann auch gleich noch an einem Kohlekraftwerk beteiligt – wenn der Strom aus Sonne und Wind etc. mal billig genug ist, dann kann man ja so ein Kohle-Dings auch wieder abschalten.
Der Palmer denkt offensichtlich so wie die KAL. Ist sicher ein Lust-Grüner.