Rede von Stadtrat Michael Haug zu TOP 4 des Gemeinderats vom 21.07.2020
Das kulturelle Leben einer Stadt ist unverzichtbar für den sozialen Zusammenhalt einer Gesellschaft. Die freien Kulturträger und die freien Theater erfüllen diesen, ihren gesellschaftlichen Auftrag seit Jahren und tragen dazu bei, dass Karlsruhe und seine Kulturlandschaft vielfältig und bunt ist. Dafür gebührt ihnen unser Dank und unsere Anerkennung.
Der Corona bedingte shut down hat nahezu alle Einrichtungen in eine bedenkliche Schieflage gebracht. Deshalb müssen die Kultureinrichtungen und die freien Theater zeitnah und massiv unterstützt werden, um Insolvenzen zu vermeiden. Denn gerade in der freien Kultur- und Theaterszene stehen viele Einrichtungen kurz vor dem endgültigen Aus. Finanzielle Polster sind aufgebraucht oder nicht vorhanden.
Die Bereitschaft der Stadtverwaltung und des Gemeinderates, den betroffenen Einrichtungen mit individuellen Lösungen helfen zu wollen, unterstützen wir voll und ganz. Jeder dieser Betriebe steht vor ganz eigenen Schwierigkeiten. Wir unterstützen das geplante Vorgehen, dass die betroffenen Kultureinrichtungen erst alle anderen verfügbaren finanziellen Hilfen von Land und Bund in Anspruch nehmen sollen, bevor die Stadt aushilft.
Die nun bereitgestellten 2.5 Millionen Euro für den Fehlbetragsausleich der Karlsruher Kultureinrichtungen werden helfen die vorhandenen Strukturen zu sichern. Uns ist klar, dass dies einer großen Kraftanstrengung bedarf, da die finanziellen Folgen der Corona-Krise auch für die Stadt selbst eine schwerwiegende Herausforderung darstellt.
Für meine Fraktion sind die 2,5 Mio EUR aber keine Kosten, die ggf. einzusparen sind sondern vielmehr unverzichtbare Investitionen in die kulturelle Vielfalt von Karlsruhe.
Das alles ist in unserem Verständnis ein erster, selbstverständlicher, aber letztendlich nicht ausreichender Schritt. Die Menschen brauchen dringend wieder Kulturveranstaltungen! Kultur ist systemrelevant. Es gibt zahlreiche Ideen und Planungen zu entsprechenden Veranstaltungen, die bereits in der Umsetzung sind. Diese Veranstaltungen werden in den seltensten Fällen wirtschaftlich durchgeführt werden können. Auch dafür ist Unterstützung dringend notwendig.
Dazu muss als Nächstes ein zentral wichtiger Punkt angegangen werden: Kultur braucht Raum! Auch bei weiteren Lockerungen wird die Durchführung von Veranstaltungen nur dann wieder in einen wirtschaftlichen Bereich kommen, wenn größere Räume zur Verfügung stehen, um die erforderlichen Hygieneregeln einhalten zu können.
Zusammen mit der KMK, der Stadtverwaltung und der freien Kulturszene muss aus unserer Sicht ein Konzept entwickelt werden, wie Aufführungen auch „auf Sicht“ geplant und durchgeführt werden können und welche Einrichtungen Interesse, Konzepte und Möglichkeiten haben, diese Freiräume zu füllen.
Abschließend ein Wort zu Einem der Pioniere auf dem Gelände des Alten Schlachthofs. Ich spreche vom Sau e.V. und der Alten Hackerei. Hier wird durch – eine zugegeben eigene Struktur – seit Jahren ein ansprechendes Kulturprogramm geboten. Der Kulturverein SAU e.V. ist Veranstalter, die Alte Hackerei ist die Spielstätte und keinesfalls eine herkömmliche Gaststätte mit gelegentlichen Unterhaltungsveranstaltungen. Die gastronomischen Einnahmen versetzen die Alte Hackerei in die Lage dem Sau e.V. den Raum und alle anderen veranstaltungstechnisch erforderlichen Leistungen unentgeldlich zur Verfügung zu stellen. Durch dieses Konstrukt konnte ein bemerkenswertes Kulturkonzept ohne institutionelle Förderung der Stadt umgesetzt werden. Sau e.V. und Alte Hackerei müssen als Einheit begriffen werden. Wir bitten dies bei der Prüfung des individuellen Fehlbetragsausgleichs zu berücksichtigen.
Vielen Dank.