<ebi> Die BNN hat zum Bürgerforum zum Thema “Von der Autobahn bis zur Rheinbrücke – wohin steuert die Karlsruher Verkehrspolitik unter der neuen Landesregierung?” geladen. Mit mir sitzen am Dienstagabend rund 400 Interessierte im Stefanssaal neben der katholischen Stadtkirche. Der Saal ist voll – selbst auf der Tribüne ist kaum ein Platz frei.
Auf dem Podium sitzen Dr. Gisela Splett, neue GRÜNE-Staatssekretärin im Verkehrsministerium Ba-Wü, CDU-MdL Manfred Groh, SPD-MdL Johannes Stober, Landrat von Germersheim Dr. Fritz Brechtel, KVV-Chef Dr. Walther Casazza.
Nach Begrüßung durch BNN-Lokalchef Günther Kopp stellt jetzt Gisela Splett die Planung der 2. Straßenbrücke vor (geplant südlich der Raffinerie und angeschlossen an die B10/Südtangente). Die Planung stammt vom Regierungspräsidium Karlsruhe im Auftrag des Bundes und wurde noch unter der alten Landesregierung (CDU/FDP) entwickelt. Splett: “Mein Haus (Verkehrsministerium Ba-Wü) hat sich für einen Faktencheck entschieden. Ich habe auch mit dem rheinland-pfälzischen Kollegen deshalb telefoniert.” Die öffentliche Erörterung im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens erfülle diese Funktion nicht, da Alternativen nicht mehr geprüft werden. Anmerkung ebi: Mit dem Faktencheck als offenes Verfahren greift Splett einen KAL-Antrag aus dem GR auf.
Brechtel stellt die Lage in der Pfalz vor und seine Meinung: “Wir brauchen dringend die 2. Rheinbrücke.” Auch alle Parteien außer den Grünen seien für die RB2. Statt Faktencheck im Sinne von Frau Splett will er einfach eine gut moderierte “Erörterung” im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens. Als Grund für dei RB2 nennt er unter anderem eine “Entlastung der Südtangente”. Anmerkung ebi: Das passt nicht mit der aktuellen Planung zusammen. Die führt sogar zu einer deutlich stärkeren Belastung
Jetzt kommt die erste Fragerunde:
– (ein ehemaliger CDU-MdL aus dem Landkreis) Warum ist der Landkreis und der Regionalverband nicht eingeladen? Die CDU hat einen einstimmigen Beschluss pro RB2 und Nordtangente gefasst. Fragen ans Podium hat er allerdings keine.
– (Unbekannter) Die Golden Gate Bridge mit ebenfalls drei Fahrstreifen pro Richtung verkraftet 120.000 Kfz pro Tag, nicht nur 80.000 Kfz wie auf der Rheinbrücke bei KA. Noch ein Punkt: Warum nicht mehr Güter auf die Schiene?
– (Herr Prohaska aus KA) Wie plant die Pfalz die Verbindung zwischen Elsass-Autobahn und B9 bzw. B10? Ist beim Faktencheck der gesamte Raum vorgesehen?
– (Horst Schmidt, Büga-Vorsitzender): Was verstehen Herr Brechtel und Frau Splett jeweils unter Nachhaltigkeit? Mit dem Flächenverbrauch kann es so nicht weitergehen.
Antwort Splett: Laut Unterlagen zur Planfeststellung steigt die Verkehrsmenge auf der Südtangente mit RB2! Aber all das im Faktencheck zu klären. Nachhaltigkeit bedeutet auch Änderung der heutigen Lebensweise, damit zukünftige Generationen fair leben können.
Antwort Brechtel: Planung der Verbindung vom Elsass zur B9/B10 ist gestoppt. Er sieht Nachhaltigkeit genauso; er ist aber trotzdem oder deshalb pro Brücke. Spagat zwischen Naturerhalt und Arbeitsplätzen; siehe Daimler. Die Pfalz sei schön, “auch für unsere badischen Gäste”.
Jetzt ist MdL Groh dran und soll sagen, wann die Nordtangente (NT) kommt. Groh: “Wir haben Baurecht und sollten jetzt bis zur Theodor-Heuss-Allee bauen.” Der Bund gibt aber nur bei durchgängiger Trasse Geld. Er habe aktiv am Autobahnanschluss Nord mitgewirkt. Er macht sich Sorgen um die Stadt KA und den Pamina-Region. Im Wettstreit der Städte kann KA nicht auf eine RB2 verzichten. “Wir in KA sind nicht allein auf der Welt.” Den Bürgern entlang der Südtangente habe man Entlastung durch die NT versprochen.
Kopp fragt Stober zum Thema “Ersatzbrücke”. Stober stellt die Idee vor und beklagt sich, dass gerade bei der CDU die Ersatzbrücke immer mit der Parallelbrücke gleichgesetzt wird. Auch deshalb müsse es einen offenen Faktencheck mit allen Varianten auf dem Tisch geben – so wie auch vom Karlsruher Gemeinderat beschlossen (Anmerkung: auf Antrag der KAL).
Zweite Fragerunde:
– Prof. Mürb (ehemaliger CDU-Stadtrat aus KA und Vors. der Oberrheinischen Waldfreunde): Der Verkehr in der Zukunft wird sogar abnehmen (beruft sich auf renommierte Verkehrsforscher); Rückbau von Straßen macht Sinn (vgl. Ebertstraße). KA ist im Gegensatz zur Pfalz schon heute stark verdichtet ==> keine RB2.
– Herr Wiese aus dem Landkreis: An die Anwohner der Südtangente denken.
– Prof. Werner (BV Weiherfeld/Dammerstock): NT bringt nix für die Südtangente. Wir brauchen Schutz an der Südtangente – wegen der Belastung durch Lärm, Abgas, Feinstaub.
– Bürger aus Neureut: bin für die RB2, wegen beruflicher Erfahrung als Pendler in die Pfalz. Lage im Norden mit Anbindung an Ausfahrt KA-Nord über die L604 nach Eggenstein.
– Unbekannter: Frage an Brechtel und Groh – zahlt der Bund tatsächlich 100 Prozent, wenn keine Fernverkehrswirksamkeit? Frage an Groh: Warum haben Sie als BM der Stadt nicht dafür plädiert, dass KA statt dem Bund die NT-Ost plant?
– Bürgermeister von Graben-Neudorf: Das ist auch ein Landkreis-Thema. Graben braucht die RB2, da die RB1 saniert werden muss.
– Klaus Bluck aus Neureut: Kann die RB2 den Verkehr von der RB1 überhaupt aufnehmen?
– Bürger aus Grötzingen: erinnert an Geschichte des Tunnels in Grötzingen und an die Geschichte der NT. Haben die ablehnenden Parteien ein Konzept für den Verkehr rund um KA? Anmerkung ebi: Die Bemerkungen haben wenig bis nix mit dem Thema des Bürgerforums zu tun.
– Lars Dragmanli (Vors. der FW KA): Planung verlagert den Stau nur, weil an der Südtangente alles zusammenkommt. Die NT aus alter Planung wäre heute keine Tangente mehr, sondern eine Sekante.
Antwort Splett: RB2 kann wegen geringerer Leistungsfähigkeit nicht ohne Staus den Verkehr von der RB1 aufnehmen. Für die Totalsanierung der RB1 mit Vollsperrung gibt es keine konkrete Jahreszahl. All das gehört in den Faktencheck. Brückenzustandsdaten werden unter der neuen Landesregierung ins Internet kommen. Die Landesregierung steht für einen fairen Ausgleich aller Interessen; Sie wundert sich allerdings zu hören, dass der Landkreis “seine” Brücke auf Karlsruher Gemarkung bauen will. Sie setzt auf einen leistungsfähigeren ÖPNV ==> mehr Mittel für die Schiene.
Brechtel: RB1 ist die Herzschlagader der Region. Wegen dem Restrisiko mit der RB1 braucht man die RB2.
Groh: NT-Ost = reine Bundesbaumaßnahme, dito RB2. Gemeinderat von KA hat gar kein Befassungsrecht. Was Johannes Stober fordert, funktioniert nicht.
Stober: Weist die Kritik von Groh zurück.Fehler war: In Ba-Wü wurde kein Raumordnungsverfahren bei Suche nach der bestmöglichen Trasse für die RB2 durchgeführt; das hat die alte Landesregierung zu vertreten! Laut Gutachten von PTV bringt auch eine Nordtangente kaum Entlastung für die Südtangente.
Casazza: Stadtbahn nach GER und andere Schienenverbindungen (z.T. noch Dieselbetrieb) – Schienen-Infrastruktur in KA viel besser (“wir sind verwöhnt”). Die Infrastruktur in der Pfalz ist schlecht, die Planung geht sehr langsam voran. Derzeit keine Chance auf mehr Kapazitäten: zu wenig Fahrzeuge, veraltete Stellwerkstechnik (Erneuerung von DB zurückgestellt). 10.000 Fahrgäste pro Tag über den Rhein, da wäre mehr drin – aber … (fehlendes Geld in der Pfalz). Anmerkung ebi: Dr. Casazza bleibt sehr freundlich, müsste aber ehrlicherweise sagen: Die Pfalz ist bei der Schienenverkehrsentwicklung rückständig.
3. Fragerunde:
– Stadtrat Ehlgötz: macht ein Zusatz-Statement, stelllt aber keine Fragen.
– Ute Artmann (Ingenieurin und Alt-SPD-Stadträtin): pro Faktencheck und pro Gedankenaustausch.
– Knut Jakob (FW): Gedanken zur Verschuldung der öffentlichen Hand. Bevölkerung nimmt ab, auch in der Pfalz ==> Verkehr nimmt ab, außer Schwerlastverkehr. Gegen NT durch Hardtwald; pro Ersatzbrücke nach Düsseldorfer Modell.
Schlussrunde auf Podium:
Splett sagt Faktencheck für zweite Jahreshälfte zu – zeitnahe Lösung – offenes Herangehen.
Brechtel: Nimmt Splett und Stober beim Wort.
Stober: zwei Themen auf dem Faktencheck – Rheinbrücke und Entlastung Südtangente.
Groh: macht sich jetzt noch mehr Sorgen um die wirtschaftliche Zukunft von KA.
Das ist das Ende der Veranstaltung.
Fazit ebi: Es war wenig erhellend, auch weil Moderator Kopp die Zügel der Diskussion nicht stringent genug in der Hand hielt.
a) Auf dem Podium wurde daher (vor allem von Dr. Brechtel) zu lange geredet
b) aus dem Publikum kamen fast nur Zusatzbemerkungen, kaum Fragen
c) Dr. Splett wirkte manchmal schon zu sehr als Landesregierung – eigene Meinung darf man ruhig haben und zeigen
d) MdL Groh kennt die Rechts- und Finanzsituation nicht
e) Das Umland auf Pfälzer und badischer Seite hat keine Hemmungen, seine Interessen auf Kosten Karlsruher BürgerInnen durchzusetzen.