Interfraktioneller Antrag der Fraktionen SPD, FDP und Karlsruher Liste zu TOP 9 der GR-Sitzung am 21. Februar „Raumordnungsverfahren 2. Rheinbrücke“
Die Stellungnahme der Stadt zum Raumordnungsverfahren des Landes Rheinland-Pfalz über den Bau einer 2. Rheinbrücke wird wie folgt geändert:
A. Vorbemerkung
<Seite 2, 1. Absatz, nach „ …(siehe Anlagen).“>
Es wurden keine Varianten südlich der bestehenden Rheinbrücke/südlich Stadtgebiet Karlsruhe und keine Varianten nördlich von Eggenstein untersucht. Zudem wurden nur Rheinbrücken, keine Unterquerungen des Flusses betrachtet.
<weiter mit „Zu den Varianten im Korridor …“>
<Seite 3, 1. Aufzählungspunkt; zu ändern>
Hinsichtlich der verkehrlichen Auswirkungen stellt Variante I unter den im Verfahren verbliebenen Varianten auf Rheinland-Pfälzer Seite die günstigere Variante dar, da mit dieser Variante laut Prognose Entlastungen im Bereich B 10, B 9 und im Bereich des Wörther Kreuzes erreicht werden.
<Seite 3, 2. Aufzählungspunkt; 2. Satz zu streichen>
<Seite 3, 3. bis 5. Aufzählungspunkt komplett zu streichen>
<Seite 3, letzter Absatz, zu ändern>
Seitens der Straßenbauverwaltung Rheinland-Pfalz wird vorgeschlagen, die
Variante I (Nordbrücke) der weiteren Planung zugrunde zu legen.
B. Stellungnahme
<komplett neu>
Der Erläuterungsbericht zum Raumordnungsverfahren (ROV) für die B 10, 2. Rheinbrücke Karlsruhe/Wörth enthält die Bitte der Verfasser an die beteiligten Behörden und Träger öffentlicher Belange, ihre Anregungen und Bedenken auf das Planungsgebiet Rheinland-Pfalz abzustellen. Dem kann die Stadt Karlsruhe nicht entsprechen, weil nur durch eine Gesamtmaßnahme, also einschließlich der Anbindung an das baden-württembergische Verkehrsnetz, „ein verkehrlich wirksamer Straßenabschnitt bzw. eine wirksame Netzergänzung erreicht“ (Zitat aus Erläuterungsbericht zum ROV) wird.
Inwieweit der Bau einer 2. Rheinbrücke zwischen Karlsruhe und Wörth notwendig ist, wird unterschiedlich gesehen. Je nach zukünftiger Verkehrsentwicklung, die durch die zukünftige – allen Expertenprognosen nach stetig ansteigende – Ölpreisentwicklung und durch verkehrssteuernde Maßnahmen (Beispiele: a) „Push-Maßnahmen“, etwa Lkw-Maut; b) „Pull-Maßnahmen“: Verbesserung des ÖPNV) beeinflusst wird, ergibt sich eine Notwendigkeit für eine 2. Brücke oder nicht. Dagegen werden die Auswirkungen aus möglichen Baumaßnahmen aufgrund bestehender Flächennutzungspläne rechts und links des Rheines überschätzt. Raumplaner gehen derzeit generell eher von einem „Zurück in die Stadt“ (zurück ins Oberzentrum) aus, insbesondere aufgrund der demografischen Entwicklung.
Die Prognosezahlen im vorliegenden ROV – sowohl auf Rheinland-Pfälzer als auch auf baden-württembergischer Seite – sind angesichts der aktuellen Entwicklung mit einer Stagnation der Verkehrszahlen auf der bestehenden Brücke nicht nachvollziehbar. Die Zunahme des regionalen Verkehrs (Pendler, regionaler Güterverkehr) wird dabei weit überschätzt.
Dagegen steht die Zunahme des Fernverkehrs, der zukünftig über die Brücke rollen wird, in einem nicht nachvollziehbaren Zusammenhang mit der erwarteten Be- bzw. Überlastung des Wörther Kreuzes. Der Bau einer zweiten Rheinbrücke würde eine erhöhte Kapazität und Leistungsfähigkeit schaffen, insbesondere auch für den Fernverkehr (Güter- und Personenverkehr). Die Frage einer Anziehung von Fernverkehr mit Auswirkungen für die gesamte Region wird in dem ROV bisher unzulänglich untersucht. Der Fernverkehrsanteil der Zukunft wird zu gering angesetzt. Maßnahmen, diesen Fernverkehr aus dem Ballungsraum Wörth/Karlsruhe fernzuhalten, betrachtet das ROV unverständlicherweise nicht. Die Prognosezahlen für alle Verkehrsanteile müssen daher neu berechnet werden, unter Zugrundelegung verschiedener Szenarien der Verkehrsentwicklung (Berücksichtigung aller Einflussfaktoren).
Festzuhalten bleibt lediglich, dass eine länger andauernde Vollsperrung der bestehenden Brücke aufgrund Sanierung (Vollsperrung allerdings nur bei Austausch der Seile notwendig) oder nach einem schwersten Unfall zu schwerwiegenden Störungen des Individualverkehrs (insbesondere Pendlerverkehr) zwischen Rheinland-Pfalz und Karlsruhe führen würde. Die Stadt Karlsruhe stellt sich daher nicht grundsätzlich Untersuchungen über Lage und Auswirkungen einer 2. Rheinquerung entgegen.
Ob eine weitere Rheinquerung im Bereich zwischen Rastatt und Germersheim auf dem Stadtgebiet von Karlsruhe verlaufen sollte oder aus raumplanerischer Sicht eher süd- bzw. nordwärts des Stadtgebiets, wird im vorliegenden Verfahren jedoch völlig unzureichend untersucht. Die Frage der möglichen Vorteile einer Untertunnelung im Vergleich zu einer Brücke wird nicht einmal ansatzweise beleuchtet. Gerade auf Rheinland-Pfälzer Seite ließen sich die Auswirkungen auf Menschen und Umwelt durch Tunnellösungen statt Brücken vermindern.
Auch die Aufnahme des aus Rheinland-Pfalz kommenden Verkehrs im schon stark vorbelasteten Verkehrsnetz der Stadt Karlsruhe findet im vorliegenden ROV des Landes Rheinland-Pfalz keine adäquate Berücksichtigung, obwohl für die Stadt Karlsruhe nach dem Bau einer 2. Rheinquerung insgesamt eine höhere Verkehrsbelastung prognostiziert wird. Die verkehrlichen Auswirkungen des Vorhabens auf das nachgeordnete Netz in Karlsruhe sind nicht ablesbar. Grundsätzlich können zwar beide im ROV allein weiter präferierten Varianten (Variante I und II) auf Karlsruher Seite abgenommen werden. Allerdings wird dadurch – auf jeden Fall im ersten Schritt – die Südtangente/B10 noch stärker be-, möglicherweise überlastet; in einem zweiten Schritt würde mit Bau der Nordtangente ein Teil des Verkehrs verlagert, was auf einigen zuführenden Straßen im Stadtgebiet Karlsruhe zu Ent-, auf anderen zu Belastungen führt. Nicht unerwähnt kann an dieser Stelle bleiben, dass eine Nordtangente wiederum starke Auswirkungen auf die Menschen und die Umwelt in der Stadt Karlsruhe hätte. Auch diese nachträglich ausgelösten Belastungen müssen im ROV Berücksichtigung finden.
In der Summe wird Karlsruhe stark belastet. Auch diesem Umstand muss durch die Wahl eines ausgedehnteren Betrachtungsraums für eine 2. Rheinquerung (siehe oben) Rechnung getragen werden.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die mit den beiden Varianten I und II mögliche Anbindung des Fachmarktzentrums Wörth an das überregionale Straßennetz. Diese Planung wird vom Oberzentrum Karlsruhe wegen ihrer Zentrenschädlichkeit als negativ eingestuft. Würde die Stadt Karlsruhe trotzdem einer der Varianten I und II zustimmen, so müssten die anderen Gesichtspunkte – Umwelt, Landschaftsverlust, Verlust an Erholungsraum, Verkehrsbelastung, Auswirkung auf innerörtliche Zusammenhänge (Zerschneidung); Erschließungswirkung im Stadtgebiet Karlsruhe – überwiegen. Dies ist aber nicht der Fall.
Betrachtet man die Umweltauswirkungen, schneidet unter den Varianten I und II die Variante II in der Rangfolge (UVS) zweifellos am besten ab. Variante I ist auf Rheinland-Pfälzer Seite mit starken Eingriffen in FFH-Naturräume und in das Landschaftsbild verbunden (vgl. UVS).
Variante I steht zudem auf baden-württembergischer Seite in extremem Konflikt mit dem städtischen Konzept „Landschaftspark Rhein“, da die Trasse zur östlichen Brückenauffahrt mitten im Zugangskorridor läge. Der einzige noch verbliebene Zugang zum Rhein für Erholungssuchende zwischen der bestehenden Rheinbrücke und nördlicher Gemarkungsgrenze Karlsruhe würde somit entwertet.
Die Frage einer temporären oder einer Ersatzbrücke (Standort wie Parallelbrücke oder zwischen Eisenbahn- und Straßenbrücke; ohne Kapazitätserweiterung und mit direkter Anbindung an die Brückenköpfe der bestehenden Brücke) wird in der Vorlage zum ROV nicht ausreichend untersucht.
Zusammenfassung:
a) Die Stadt Karlsruhe fordert einen größeren Betrachtungsraum (von Rastatt bis Germersheim) und das Untersuchen unterschiedlicher Zukunftsszenarien zur Verkehrsbelastung (Überprüfung der Prognosezahlen durch unabhängige Gutachter).
b) Die Stadt Karlsruhe fordert die Erweiterung der untersuchten Varianten um Tunnelquerungen des Rheins.
c) Die Stadt Karlsruhe sieht weder in Variante I noch in Variante II eine befriedigende Lösung der Verkehrsprobleme. Mit Blick auf eine 2. Rheinquerung bei Karlsruhe aufgrund einer lang andauernden Vollsperrung der vorhandenen Rheinbrücke fordert die Stadt Karlsruhe alternativ intensiv zu untersuchen eine Untertunnelung des Rheins oder eine Ersatzbrücke (Standort wie Parallelbrücke oder zwischen Eisenbahn- und Straßenbrücke; ohne Kapazitätserweiterung und mit direkter Anbindung an die Brückenköpfe der bestehenden Brücke).
Doris Baitinger, Michael Obert, Lüppo Cramer