Die Gemeinderatssitzung am 22. Oktober hat einige spannende Punkte dabei gehabt. Darunter TOP 14, bei dem es um den Hebesatz der neuen Grundsteuer ging.
TOP 13 behandelte die Dritte Fortschreibung des Gesamtkonzepts Sozialer Arbeitsmarkt.
Unter TOP 18 hat sich der Gemeinderat einstimmig für die Aufstellung der orangenen Bänke des ZONTA Clubs ausgesprochen. Die Bänke weisen auf das Thema ‘Gewalt gegen Frauen’ hin und führen über QR-Codes zu Hilfsangeboten. Für uns ein wichtiges Thema. Die Redebeiträge zu den Themen bilden wir hier ab:
Redebeitrag Michael Haug zu TOP 14 Grundsteuerreform und Festsetzung städtischer Hebesatz
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir haben es hier mit einem Thema zu tun, dass – wie bei der Wertstofftonne – für erhebliche Aufregung sorgen wird, wenn den Menschen das Ausmaß konkret klar wird.
Nachdem das Bundesverfassungsgericht die bisherige Regel als verfassungswidrig eingestuft hat, verabschiedete schließlich der Landtag des Landes Baden-Württemberg das modifizierte Bodenwertmodell. Beim Aufstellen dieses Modells wurde der Bevölkerung die Aufkommensneutralität der Grundsteuer versprochen, so dass danach die Einnahmen in etwa so hoch sind wie davor. Damit hat man den einzelnen Personen suggeriert, dass es für jeden nicht teurer wird. Dies ist mitnichten der Fall. Es gibt Gewinner und Verlierer.
Die Gewerbegrundstücke werden deutlich entlastet und die Grundstücke mit Wohnbebauung im gleichen Zuge belastet.
Innerhalb der Grundstücke mit Wohnbebauung werden Bewohner deutlich mehr belastet, wenn diese auf einem Grundstück leben, welches nicht so dicht und hoch bebaut ist. Eine Nachverdichtung ist diesen Bewohnern zudem verwehrt, da hier eine geringe Geschossflächenzahl vorgeschrieben ist. Dies ist vor allem in den äußeren Stadtteilen der Fall. In der Kernstadt stehen viele dicht bebaute Hochhäuser mit viel Wohnfläche je Grundstücksfläche.
Diese Unstimmigkeit kann die Stadt mit dem Hebesatz nicht ausgleichen. Der Knackpunkt liegt in der Berechnungsformel. Hier muss der Landtag nachbessern, beispielsweise mit einem weiteren Faktor der die zulässigen Bebaubarkeit des Grundstücks beachtet und einer weiteren Verringerung der Steuermesszahl im Vergleich zum Gewerbe.
Mit dem vorgeschlagenen Hebesatz von 270% besteht zwar Aufkommensneutralität der Grundsteuer. Bei diesem Wert müssen sich aber 20% der Karlsruher Haushalte auf eine Vervielfachung (mind. Verdoppelung) ihrer Grundsteuer einstellen. Gleichzeitig quersubventionieren die Haushalte die Mindereinnahmen der gewerblichen Grundstücke. Betrachtet man nur den Bereich des Wohnen reicht ein Hebesatz von 235% zur Aufkommensneutralität.
Wir beantragen deshalb erstens den Hebesatz für die Grundsteuer 2025 auf 235% festzusetzen.
Und zweitens wollen wir, dass der Gemeinderat in den Folgejahren jährlich berät, ob eine leichte temporäre Erhöhung des Hebesatzes und zwar nur für das Folgejahr, zwingend notwendig ist.
Ich habe schon gesagt, dass die Stadt mit dem Hebesatz nicht die Ungerechtigkeiten der vom Land festgesetzten Vorgehensweise ausgleichen kann. Aber, wir sollten heute ein deutliches Zeichen setzen, dass uns die Befürchtungen der Bevölkerung nicht egal sind und uns die Arbeit machen jährlich die Lasten der Einwohner in den Blick zu nehmen. Als Stadt sollten wir uns stark machen für eine Modifizierung der Berechnungsformel.
Wir bitten um getrennte Abstimmung der Punkte.
Redebeitrag Sonja Döring TOP 13 Fortschreibung Gesamtkonzept Sozialer Arbeitsmarkt
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleg:innen,
die dritte Fortschreibung des Gesamtkonzepts sozialer Arbeitsmarkt ist die Bilanz von 10 Jahren erfolgreicher Weiterentwicklung und Umsetzung des Konzepts. Viele Jahre schlossen die Beschäftigungsangebote dieser kommunalen Maßnahme eine Lücke, die der Bund zwischenzeitlich nicht füllte. Langzeitarbeitslosen Menschen mit ganz unterschiedlichen, aber fast immer komplexen Problemlagen, Perspektiven zu eröffnen, ist in Karlsruhe besonders gut gelungen. Wichtige Grundpfeiler dieses Erfolgs sind die Freiwilligkeit der Beschäftigung, dass es keine Sanktionierung gibt und dass die Arbeitsverhältnisse ohne maximale Förderdauer immer wieder verlängert werden können. Ohne Zwang und Druck eine Beschäftigung zu ermöglichen und dabei die Lebenslagen der Menschen ganzheitlich im Blick zu haben, sind Stärken des Konzepts. Dies führt schließlich zu einer eindrucksvollen Zahl von Übergängen in den zweiten oder ersten Arbeitsmarkt.
Dass allerdings weiterhin eine Fortschreibung des Konzepts und eine Fortführung der Programme notwendig ist, zeigen die aktuellen Zahlen, insbesondere nach der Pandemie.
Allen Beteiligten Akteuren gilt der Dank unserer Fraktion. Sie machen einen großartigen Job!
Einen kleinen Einwand habe ich dann allerdings doch noch: ich würde mir für den nächsten Bericht wünschen, dass das Thema Inklusion von Menschen mit Behinderung einen größeren Raum einnimmt, als die Viertelseite, die im Bericht aktuell steht – und vor allem, dass wir im nächsten Bericht lesen können, dass mehr als 4 Personen mit wesentlicher Behinderung bei der Stadt Karlsruhe arbeiten.
Vielen Dank.
Redebeitrag Sonja Döring TOP 18 Aufstellung ZONTA Bänke
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleg:innen.
ich habe mal in meinen Unterlagen gewühlt:
Im April dieses Jahrs wandte sich der Zonta Club Karlsruhe an uns, mit der Bitte, sie bei der dauerhaften Aufstellung der orangenen Bänke durch die Stadt Karlsruhe zu unterstützen. Eine dauerhafte Aufstellung durch die Stadt Karlsruhe sei zwar gewünscht, allerdings aufgrund der, Zitat aus der Antwort der Stadtverwaltung: „doch irgendwie politischen Aussage“ nur mit einem Gemeinderatsbeschluss umsetzbar.
Dass eine Bank, die deutlich macht, dass Gewalt gegen Frauen nicht hinnehmbar ist und auf Hilfsnagebote hinweist, aufgrund der „doch irgendwie politischen Aussage“ nicht einfach aufgestellt werden kann, hat mich mehr als irritiert. Die Kollegin Melchien und ich wandten uns darauf an Sie, Herr Oberbürgermeister, und haben dieser Irritation Ausdruck verliehen. Ihre Antwort war leider nicht weniger irritierend: Das Gartenbauamt habe geprüft und befunden: Die Aufstellung von Mobiliar mit politischen Aussagen, Werbebotschaften oder dergleichen könne nicht verwaltungsseitig getroffen werden. Man empfehle deshalb einen Gemeinderatsbeschluss.
Der liegt uns nun heute vor.
Und ich bin nicht weniger irritiert: die Botschaft, dass Gewalt gegen Frauen nicht hinnehmbar ist, ist keine politische Aussage, sondern ein Recht, dass alle Frauen haben. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit, ist ein Grundrecht. Ein Hinweis auf ein Hilfsangebot ist keine Werbebotschaft. Die Stadt Karlsruhe hat sich verpflichtet, die Istanbul Konvention umzusetzen und diesem Thema besondere Aufmerksamkeit zu geben. Diese Vorlage zeigt leider, dass wir noch einen langen Weg zu gehen haben.
Selbstredend stimmt unsere Fraktion der Vorlage zu.