<ebi> “Huch?” wird bei dieser Überschrift so mancher denken: Die Freien Wähler für Stuttart 21 – habe ich deren Zeichen nicht auf manchem Gegner-Plakat gelesen? Stimmt beides: Die Freien Wähler Baden-Württemberg, also auch welche aus Stuttgart, sind für Stuttgart 21. Und die aus Karlsruhe sind dagegen. Das stand auch so in der Zeitung, hat nur niemand aufgegriffen. Das ist aber nicht die einzige Ungereimtheit mit dieser Karlsruher Gruppe, die jetzt weit mehr als die berühmten einhundert Tage (es sind etwa 2,5 Jahre) mit zwei Stadträten gewählt ist, die früher Büka hieß, die FÜR direkte Demokratie und sonst GEGEN fast alles ficht. Einhundert Tage im Amt – die Schonzeit ist vorbei, auf “Das haben wir nicht gewusst!” können sich die FW KA nicht mehr herausreden
Also, was machen die gewählten Bürgervertreter der FW KA? 1. Beispiel: Die Transparenz für die Bürger bei der Umsetzung der Kombilösung (Ablauf, Kosten, bauliche Aufgaben, Verzögerungen) schaffen – das ist KAL-Sache. FW stellen nur Fragen, die man schon vorher in der Zeitung lesen konnte. Ein Einfrieren der Tarife wie von uns beantragt, um die Fahrgäste für ihre Treue trotz Verspätungen, Linien-Ausfällen und -Umleitungen nicht auch noch zu bestrafen: Das haben die FW KA abgelehnt (die Linken übrigens auch und auch alle anderen). Da ist der KVV gedanklich schon weiter und erhöht die Einzelfahrkarten für 2 Waben jetzt doch nicht. Offensichtlich hat der KAL-Antrag indirekt genutzt.
Der Vorsitzende der FW KA, Lars E. Dragmanli, wiederum rät ab, andere Baufirmen bei der Kombilösung miteinzubinden, obwohl die ARGE Strabatunnel (Alpine) vor aller Augen viel zu langsam arbeitet. Warum er das meint? Weil dies zu noch größeren Verzögerungen und höheren Kosten führen würde. Woher er das wiederum weiß? Sein Geheimnis. Alle Experten raten zu Ersatzunternehmen in Teilprojekten. Aber Herr D. hat ja sicher schon viele Tunnel gebaut <OK, das war jetzt ironisch; der Verfasser>.
Freie W und der ÖPNV – zum zweiten: Die Gruppierung hat doch tatsächlich eine Trasse von der Kaiserallee durch die baumbestandene Yorckstraße zum Kühlen Krug vorgeschlagen. Ja Himmel: Welche wichtigen Ziele soll denn diese Trasse verbinden? Oder anders gesagt: Welche Tausende von Fahrgästen wollen statt mit der Linie 5 durch die Mathy- und Gartenstraße lieber über die Yorckstraße zum Kühlen Krug fahren? Auf jeden Fall wäre eine neue, zusätzliche Linie nötig – mit den entsprechenden Kosten. Vom kompletten Wegfall aller wunderschönen Bäume ganz zu schweigen.
Es hat sich in den 2,5 Jahren gezeigt, dass die FW noch nicht mal Vorlagen lesen, schon gar nicht welche aus vor ihrer Zeit. Beispiel die aktuelle Anfrage zu Vorkehrungen gegen die Auswirkungen des Klimawandels: Alter Hut, das Thema war schon vor rund 5 Jahren im Gemeinderat. Müsste man halt mal nachschlagen – alle Stadträte haben Zugang zum Rathausnetz mit Suchmaschine.
“Bürgerhaushalt”, diese ständig wiederholte Forderung: Meines Erachtens haben die FW überhaupt nicht kapiert, worum es dabei geht. Der mehrjährige Masterplanprozess, das war so eine Bürgerbeteiligung, bei dem Bürger die zukünftigen Schwerpunkte mitbestimmt haben. Genau das soll ein Bürgerhaushalt laut einschlägiger Literatur auch leisten (siehe z. B. unter www.buergerhaushalt.org, Wikipedia, www.stuttgart.de). Und nur zur Erinnerung: Der ehemalige Stadtrat der Büka, Michael Kunz, wurde von seinen Leuten abgemeiert, weil er dem Masterplan (nicht jedem dort enthaltenen Projekt!) grundsätzlich zugestimmt hat. Konsequenterweise ist “Kuni” dann zur KAL gewechselt.
Aktuelles Beispiel für nicht durchdachte Politik der Freien W: Der Vorschlag, den Standort und den Umfang des Aus- und Umbaus des Staatstheaters von den Bürgern durch Bürgerbeteiligung entscheiden zu lassen! Siehe Interview mit Stadtrat Wenzel bei Baden TV. Ja wie soll das denn gehen? Mal angenommen, irgendjemand schlägt vor, das Staatstheater auf den Festplatz zu verlagern oder das Konzerthaus wieder zur Schauspielbühne zu machen – wer als Laie kann denn ernsthaft beurteilen, was geht und was nicht, was ist wirtschaftlich und was nicht? Oder wenn jemand fordern würde “Umbau darf nur 1 Million kosten” – wer hat als Laie Ahnung, was so ein Umbau kostet? Wer kennt die Sanierungsnotwendigkeiten im Detail?
Chaos überall. Dazu kommt, dass ein ehemaliger städtischer Amtsleiter als Vorsitzender der Wählervereinigung, der es seinen früheren Kollegen und Chefs mal zeigen will, nicht gerade als glückliche Fügung bezeichnet werden kann. Eher als Profilneurose.
Mehr als einhundert Tage habe ich gewartet mit Daumen hoch oder runter. Hätte ja sein können, dass frischer Wind reinkommt in den Bürgersaal. Jetzt fällt das Urteil vernichtend aus: Mit den Freien Wählern Karlsruhe, vormals Büka, ist kein Staat zumachen. Geschweige denn eine Stadt.